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Schottland 2023 – Tag 5

von Henning
Brennraum bei Glenfarclas
Brennraum bei Glenfarclas

Schottlandreise 2023 – 5. Tag – Sonntag der 30.04.2023

Wir erkunden ein wenig die Speyside, besuchen die Glenfarclas Destillerie, fahren an vielen anderen Destillerien vorbei, erkunden einen verspiegelten Würfel, gehen spazieren in Grantown on Spey, essen dort und sehen unendlich viele Grouses.

Schottisches Frühstück und Macallan

Unser Wecker geht um 8 Uhr. Nicht das, was ich unter ausschlafen verstehe, aber wir sind gestern auch schon um 22 Uhr, nach einer kleinen Bierprobe mit drei lokalen Bieren, zu Bett.

Nachdem wir uns alle fertig gemacht haben, bereiten wir gemeinsam ein Full Scottish Breakfast vor.

Das ist ein Full English Breakfast mit einer Scheibe Haggis. Also Würstchen, Speck, Haggis, Black Pudding, Tomaten, Toast, Rührei. Das wird uns Kraft für einen langen Tag geben. Ein Blog berechnet die Anzahl an Kalorien bei einem vollen schottischen Frühstück auf fast 1.400 kcal! Deftig. Und es hält lange vor.

 

Full Scottish Breakfast
Full Scottish Breakfast

Ein kurzer Blick durch unsere großen Fenster zum Tal zeigt: Das Wetter ist heute unverändert schottisch. Es hat immer wieder mal Schauer gegeben und es liegt eine geschlossene, tiefliegende Wolkendecke über dem Tal des Spey. Der fließt aber unbeeindruckt seine Schleifen im Tal.

Unser einziger, geplanter Termin ist heute ein Besuch der Glenfarclas Distillery um 13 Uhr. Die 4 Stunden bis dahin wollen also noch gefüllt werden. Wir hoffen darauf, doch noch spontan eine Besichtigung in einer weiteren Destillerie machen zu können.

Blick aus dem Dachfenster
Blick aus dem Dachfenster
Henrik betet die Whiskykarte an
Henrik betet die Whiskykarte an

Um die Götter des Whiskys gnädig zu stimmen, hält Henrik ein stilles Gebet vor einer Whiskykarte Schottlands. 😆

Wir versuchen also unser Glück an der nächsten Destillerie: The Macallan.

Als wir den Hügel hinaufkommen und flott in die Einfahrt fahren wollen, werden wir von einem älteren Mann im schottischen Festtagsgewand aufgehalten. Also Kilt, Strümpfe, Sporran, Tweet-Jacke. Das volle Programm. Sein Dienstwagen ist ein Laubfrosch-grüner Aston Martin. Nobel, nobel..

Er fragt, ob wir eingeladen wären. Nein, das sind wir leider nicht, wir wollten ja nur nach Besichtungen fragen. Heute ist leider eine geschlossene Veranstaltung im Rahmen des Speyside Whisky Festivals. Enttäuscht fragen wir, ob wir denn wenigstens einmal eine Runde auf dem Gelände herumfahren dürfen. Denn der Neubau der Destillerie ist wirklich beeindruckend. Wir dürfen, wenn wir das Gelände gleich wieder verlassen. Wir machen also schnell einmal die Runde.

 

Macallan

Das riesige Gebäude mit bewachsenem Dach, in dem Besucherzentrum und Brennerei sind, ist geschwungen wie die Hügel, die es umgeben. Es hat etwas von Auenland. 2017 war ich bereits hier gewesen, damals war aber alles noch im Bau. Macallan hat 140 Millionen Pfund (163 Millionen Euro) für den Neubau ausgegeben. Ein Rekordsumme für eine Whisky Destillerie.

Das Geld, der Aston Martin und die generell hohen Preise dieses Whiskys, bestätigen unsere Meinung über diese Luxusfirma.

Craigellachie Bridge

Craigellachie Bridge

Als nächstes kommen wir an der Craigellachie Bridge, nahe Aberlour, vorbei. Die ist auf jeden Fall einen kurzen Halt wert. Praktischerweise kann man am Südufer (im Foto links) auf einem Parkplatz parken und dann eine kleine Runde über die Brücke über den Spey gehen und die Brücke selbst von der modernen Straßenbrücke betrachten.

Die Brücke wurde von 1812 bis 1814 vom bekannten schottischen Ingenieur Thomas Telford geplant und gebaut. Durch die erstmalige Verwendung von Gusseisen statt Ziegeln, konnte eine sehr schlanke Form gewählt werden.

Aberlour

Unser nächster Versuch dem Whisky näher zu kommen ist in Aberlour selbst, nämlich in der gleichnamigen Aberlour Distillery. Ich weiß inzwischen nicht mehr ob es damals ausgebucht war oder die Brennerei noch nicht auf hatte, aber wir kommen nicht hinein und parken nur dort.

Hier beginnt auch Ronalds und meine Serie an Selfies vor Whisky Destillerien, die wir nachhause an das verbliebene Mitglied unseres Whiskyclubs schicken.

Wo wir aber gerade hier sind, weiß ich, dass gegenüber so einiges zu sehen ist. Ich war 2017 auch schon mal hier. Da wäre erstmal die kleine, alte Bogenbrücke über den Bach, der an der Brennerei vorbeifließt. Daneben ist der alte Friedhof, der mit einer kleinen Kapelle, alten Grabsteinen, Keltenkreuzen und Figuren sehr hübsch anzusehen ist. Und über den Spey führt hier auch eine hübsche Brücke.

 

Bogenbrücke Aberlour
Bogenbrücke Aberlour
Friedhof Aberlour
Friedhof Aberlour

Nachdem wir auf dem Friedhof einige Zeit verbracht haben, folgen wir dem Fußweg außerhalb zum Spey. Dort haben wir gute Sicht auf den Fluss und die filigrane Victoria Bridge, ein Hängebrücke, die hier den Fluss überquert. Sie ist eine reine Fußgängerbrücke und wurde 1902 nach einem Bootsunglück mit mehreren Toten erbaut.

The Glenlivet und Ballindalloch Distillery

Nachdem wir ein bisschen die Ruhe am Fluss genossen haben, fahren wir mit dem Auto die A95 in Richtung Südwesten. Die A95 ist praktisch die Hauptroute durch die Speyside.

Nach etwa 6 Kilometern sehen wir links von uns, hinter Feldern, unser heutiges Tagesziel. Die Glenfarclas Distillery. Aber jetzt ist noch nicht die Zeit dafür. Wir fahren erstmal weiter.

 

In einer 180° Kurve biegen wir dann links ab. Die Straße führt stetig leicht bergauf, bis wir nach 10 Kilometern bei The Glenlivet ankommen. Die Brennerei liegt ruhig und idyllisch zwischen Feldern und Bäumen. Vor dem Eingang zum Besucherzentrum steht ein auffälliges Schild: „Welcome to „Space“-Side“

Schild Space-Side
Schild Space-Side

Eine weitere Beschriftung unten auf dem Schild erklärt das Wortspiel: Glenlivet hat Gerstenkörner auf die Internationale Raumstation und wieder zurück bringen lassen. Und aus diesen „Weltraumsamen“ wird man Gerste wachsen lassen und irgendwann Whisky machen. Bestimmt wird dieser Whisky als „Sonderedition Weltraum“ oder ähnlich, beworben werden. Im Besucherzentrum schauen wir uns nur kurz um und fahren wieder ins Tal hinunter.

Ballindalloch Distillery

Kurze Zeit später halten wir bei der nächsten Destillerie an: Ballindalloch. Grundlage für die Destillerie war ein alter, verfallener Bauernhof. Die Familie Macpherson-Grant, Eigentümer des gesamten Ballindalloch-Estates mit Schloss, Garten und Golfplatz, baute den Bauernhof zur eigenen Whisky-Brennerei um. 2015 wurde sie sogar durch Prinz Charles und Camilla eingeweiht.

Aus zwei Gründen machen wir keine Führung mit:

  1. Es ist heute geschlossen
  2. Es ist unverschämt teuer

Laut Aushang kostet die normale Führung satte 75 £!!!  Marktüblich ist ein Preis von 15-25 £.

Wir schauen uns also nur einmal von außen alles an und fahren weiter zur nächsten Destille. Natürlich nur nach dem Selfie mit Destille im Hintergrund für zuhause.

Aushang für Führungen
Das sind mal Preise!

Glenfarclas

Produktion links, rechts mit dem Türmchen ist das Besucherzentrum

Kurze Zeit später kommen wir endlich bei unserem Tagesziel an. Wir sind aber noch etwas zu früh dran und schauen uns erstmal draußen um. Es gibt ein kleines Besucherzentrum in einem extra Gebäude, Produktions- und Lagerhäuser in der üblichen grau-schwarzen Farbe, das kommt von einem Schimmelpilz der die Whiskydämpfe mag, und weitere helle Lagerhäuser, die offensichtlich noch nicht so alt sind. Alles liegt in einem flachen Tal umgeben von baumlosen Hügeln. Als Dekoration steht eine alte Brennblase auf dem Rasen. Und auf dem Kiesbett vor dem Busparkplatz hat ein unbekannter Vogel zwei Eier in ein kleines Nest gelegt.

Wir gehen noch einmal die Straße weiter entlang und begeben uns dann in das Besucherzentrum. Es ist klein und gemütlich, mit viel Holz und einem Teppich mit Kiltmuster. Alles eher familiär und bescheiden. Kein Vergleich zu Macallan.

Unsere Führerin ist eine etwas mittelalte nette Frau, natürlich im Kilt. Sie begrüßt uns herzlich und erzählt erstmal einiges zur Entstehung und Entwicklung der Destillerie.

Glenfarclas wurde 1865 von John Grant gegründet. Die Familie Grant hat aber nichts mit der Familie Grant mit dem gleichnamigen Whisky zu tun. Darauf legt unsere Dame großen Wert.

Leider ist am Tag unseres Besuches keine Produktion. Schade. Ich mag es immer bei Führungen die Maschinengeräusche zu hören, die pralle Hitze von den vollen Brennblasen im Brennraum zu fühlen, der Geruch aus den Washbacks zu riechen, die Mitarbeiter beim Überwachen der Anlagen zu sehen.

Dafür sind wir nur eine kleine Gruppe von 15 Personen und haben die gesamte Destillerie für uns.

Die Führung folgt dem üblichen Weg entlang der Produktion: 

  • Malzmühle
  • Maischen
  • Gärung
  • Destillation
  • Lagerung

Am Ende bekommen wir bei der Verkostung drei Whiskys und sogar ein Schluck vom Rohbrand. Alleine der ist sehr lecker, obwohl er natürlich einen sehr hohen Alkoholgehalt hat!

Maischereste
Die festen Bestandteile der Maische gehen an Bauern in der Umgebung als Viehfutter oder für die Erzeugung von Biogas.
Whiskylager
Whiskyfässer im Lagerhaus.
Whisky zum Probieren
Whisky zum Probieren

Tamnavulin, Tomintoul und Spiegelwürfel

Wir verlassen Glenfarclas sehr zufrieden und wollen noch ein bisschen von der Speyside erkunden.

Wieder fahren wir in Richtung Ballindalloch und folgen der Straße Richtung Glenlivet. Wir bleiben aber auf der Hauptstraße B9008 und fahren weiter die Hügel hinauf. Wir kommen durch Tomnavoulin, Knockandhu (nicht der Ort Knockando mit dem Whisky) und landen in Tomintoul.

Wenn man Tomintoul mal auf der Karte betrachtet, fällt die sehr langgezogene, geometrische Form auf. Der Eindruck täuscht nicht: Der Ort wurde 1775 vom örtlichen AdeligenAlexander Gordon, 4. Duke of Gordon geplant und gebaut. Er sollte die Bewohner:innen der Umgebung dazu motivieren in den Ort zu ziehen. Dieser Plan schlug aber fehl.

Eigentlich könnten wir hier gut einen Kaffee oder Tee trinken oder einen kleinen Snack nehmen aber es hat noch nichts auf. Und so fahren wir weiter auf der Old Military Road A939.

Die Old Military Roads wurde Anfang der 1700er zur besseren Kontrolle und Unterdrückung der  Highlands gebaut. Heute folgen viele Straßen den alten Militärstraßen.

Kurz nach Tomintoul halten wir an einem alten Steinbruch. Dort verweist eine Informationstafel auf einen Aussichtspunkt mit Kunstwerk.

Nach ein paar hundert Metern Wegstrecke sind wir am Aussichtspunkt. Hier steht auf einer Plattform aus Gabionen ein Stahlwürfel, der innen verspiegelt ist. Wenn man im Würfel steht, hat man eine gute Aussicht auf das Tal des Avon. Und durch die Verspiegelung hat man das Gefühl komplett von der Landschaft umgeben zu sein.

Die Skulptur „Still“ ist eine von drei Skulpturen des Künstlers Angus Ritchie in der Gegend.

Grantown on Spey

Wir folgen anschließend der Old Military Road (A939) weiter bis Grantown on Spey. Die Straße bietet eine wunderschöne Sicht auf eine sanfte, hügelige Landschaft mit viel Heidekraut und Feldern. Ab und zu stehen ein oder zwei Häuser in der Gegend herum.

 

Highlandlandschaft
Irgendwo auf der Old Military Road

In Grantown on Spey wollen Henrik und Ronald noch etwas wandern bzw. spazieren gehen. Irgendwie landen wir in der Nähe des Grantown on Spey Caravan Park und stoßen bei einer alten Bahnlinie auf einen Wanderpfad. Es handelt sich um den Grantown on Spey Viewpoint Walk, der teilweise auf dem Dava Way verläuft.

Eisenbahnbrücke
Alte Eisenbahnbrücke. Hinter der Brücke geht der Weg auf den Dava Way.

Vom Dava Way hatte ich bisher nie gehört. Laut Internetseite ist er „einer von Schottlands großen Wanderwegen und einer der schönsten Fernwanderwege und Off-Road-Fahrradstrecken.“ Er führt 38 km von Grantown on Spey bis nach Forres. Bis 1965 fuhr noch die Eisenbahn auf dieser Strecke. Das hat den tollen Nebeneffekt, dass die Strecke wenig Steigungen hat und gut befahrbar ist. Nur ein paar Mal muss man auf die Straße ausweichen.

Gleich am Beginn des Weges wird es sehr urig: Es plätschert ein kleiner Bach durch das, dick mit Moos und Farn bewachsene, Unterholz und die Bäume sind stark mit Flechten bewachsen. Der Weg führt über eine kleine Holzbrücke, steigt an bis zur alten Bahnstrecke und folgt dieser kurz. Dann biegt er ab und führt auf den Hügel hinauf. Er ist nicht sehr steil aber ziemlich matschig. Der Baumbestand ändert sich langsam. Es werden nach und nach immer mehr kleine, krüppelige, wirre Bäume die total mit Flechten überzogen sind. Am oberen Ende des Weges stehen etliche große Scots Pine mit ihren ungeraden, krummen Ästen. Es wirkt so, als hat hier tatsächlich etwas des natürlichen schottischen Waldes überleben können.

Dann ist aber endlich Abendbrotzeit. Wir fahren also ins Zentrum des Ortes und suchen nach einem Restaurant. Wie so oft ist die Auswahl nicht allzu groß. Wir landen im Garth Hotel.

Von außen sieht es aus wie viele Gebäude hier. Der Eingangsbereich ist gepflegt und urig gestaltet wie ein Pub. Wir werden empfangen und im Restaurant plaziert. Der Raum wirkt auf mich sehr edel und gepflegt. Auch die Bedienung ist sehr aufmerksam und freundlich. Alles wirkt sehr hochwertig. Das macht mir kurz Sorge, das könnte sich auch auf die Preise der Speisen und Getränke auswirken. Das ist aber, zum Glück, nicht der Fall. Wir essen zu normalen Preisen.

Gut gesättigt und gut gelaunt machen wir uns auf den Heimweg.

Rückfahrt

Wir entscheiden uns gegen die Fahrt auf der A95, die auf der rechten Seite des Spey verläuft, und nehmen die kleine, einspurige B9102, die auf der linken Seite des Spey verläuft.
 
Sie ist eine Single Track Road. Das ist eine Straße mit nur einer Fahrspur für beide Richtungen. In regelmäßigen Abständen sind links und rechts Ausweichbuchten angelegt, sogenannte Passing Places, in denen bei Verkehr aus beiden Richtungen der jeweils nähere automatisch ausweicht und den Gegenverkehr vorbeilässt. Dann grüßt man sich mit der Hand. Und das funktioniert in Schottland wunderbar. In Deutschland ist das schwer vorstellbar..
 
Es war eine gute Wahl diese Route zu nehmen. Es herrscht so gut wie kein Verkehr und wir fahren wieder mal an einsamen Häusern vorbei, durch Felder und Wäldchen. Der Spey ist immer zu unserer Rechten zu sehen.
 
Unterwegs laufen ständig Fasane über oder neben der Straße. Regelmäßig muss Henrik anhalten. Wir machen uns einen Spaß daraus jedes Mal laut „Grouse?!“ zu rufen, wenn wir einen sehen. Und wir sagen auf der Fahrt sehr oft „Grouse?!“
Nach einiger Zeit kommen wir an den Destillerien TamdhuKnockandu, Cardhu, Dalmunach und Dailuaine vorbei. Das erweitert unsere Selfiereihe erheblich. Für Besichtigungen ist es zwar zu spät, aber von den fünf Destillerien bietet nur Cardhu bietet reguläre Besichtigungen an.
 
Danach erwischen wir noch einen Regenschauer, der mit der untergehenden Sonne ein tolles Spektakel bietet und fahren zurück in unsere Ferienwohnung. Und morgen ist leider auch schon Abreisetag..
Spektakuläre Regenwolken

Quellen und Links

Jeweils in der Reihenfolge der Erwähnung im Text.

Schottisches Frühstück und Macallan

Craigellachie Bridge

Aberlour

Glenlivet und Ballindalloch Distillery

Besichtigung bei Glenfarclas

Tomintoul und Glenlivet Estate

Grantown on Spey

Rückfahrt

 
Spektakuläre Regenwolken

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